Montag, 17. September 2007

Heimatliteratur - Trivialliteratur: Richard Voss

Der Begriff "Heimat" hat wieder Konjunktur (Globalisierung).
Er war im Zuge der Vergangenheitsbewältigung ins Gerede gekommen.Wie soll man mit ihm und ähnlichen Begriffe verfahren, die vom NS geprägt oder neu semantisiert wurden
(z.B."erfassen"-"Urlaub"-"entartet" usw.)
Victor Klemperer war der Ansicht, sie sollten vielleicht "für immer im Massengrab der Geschichte" verschwinden. "Heimat" ist ein Begriff, der im NS mit Rasse, Abstammung, Blut und Boden in Verbindung gebracht wurde. Heimat ist jedoch heute offensichtlich als Gegenwelt zur globalen Beliebigkeit aufgewertet worden. Heimat ist der Ort, wo es einem gut geht - in mancher Hinsicht: materiell, sozial, kulturell, wo der Mensch "zu Hause" ist.
Nicht jede Heimatkultur steht freilich im Kitschverdacht. Literarische Heimatkunst von hohem Rang gibt es: Thoma, Rosegger, Reuter und zahlreiche Vertreter der Gegenwartsliteratur, auch wenn es sich dabei nicht um Dialektdichtung handelt (z.B. Innerhofer).

Mein Vortrag in Reichenhall hat nun einen ehemals prominenten Schriftsteller (u.a. auch Heimatdichter) und seinen Bestseller "Zwei Menschen" ins Visier genommen. Das triviale Genre (Bauernmädchen - Grafensohn) und die fast unerträgliche klischeehafte Rhetorik stellen m.E. ein authentisches "Dokument
des Imaginierten dar. Der Roman dokumentiert auch die These
Radkaus vom "Zeitalter der Nervosität" um die Jahrhundertwende.
Voss selbst stellt sich in seiner Autobiographie als suicidgefährdeten Neurotiker dar (Patient von Krafft-Ebing).

Im Roman selbst treffen daher zwei signifikante Zeitgeister aufeinander...und verfehlen sich. Die Protagonistin, Judith Platter,
vertritt das naturnahe, "gesunde", einfache, tatkräftige, heimatbodenverbundene Leben, der männliche Gegenpart verliert sich in neurotisch-ekstatischer Katholizität, mit der er im Rom Papst Pius IX. (1. Vaticanum) infiziert wird. Beide enden mit Selbstmord.

So betrachtet handelt es sich bei dieser Literatur nicht unbedingt um triviale Unterhaltungsliteratur. Voss wurde zu seiner Zeit vor allem als Theaterschriftsteller zur "hohen" Literatur gerechnet.
Dreimal wurde sein Roman verfilmt, von bedeutenden Regisseuren und Schauspielern. Voss selbst war befreundet mit der großbürgerlichen und adeligen Kulturschickeria des Kaiserreichs. Die meisten seiner vielen Hervorbringungen sind gerade keine Heimatliteratur (viele spielen in Italien).

Es bleibt die Frage nach der mentalitätsgeschichtlichen Orientierung
(Zeitgeist) einer bestimmten Gesellschaftsschicht an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit:
Lebensideologie (Lebensreform) vs. Neurotik.

Sonntag, 25. März 2007

Obersalzberg Rückmeldung 10

21.03.2007 - Österreicher - ca. 50: Angesichts der Bilder von Massenerschießungen durch SS-Polizei-Einsatzgruppen seine Frage:
Kamen Befehlsverweigerer dieser Aktionen vor ein Standgericht?

Sein Vater sollte als Sprengmeister beim RAD in den letzten Kriegstagen die Saalach-Brücke von Freilassing nach Salzburg sprengen. Da er sich weigerte, wurde er von einem Standgericht zum Tod verurteilt; er konnte jedoch fliehen und wurde nach dem Krieg rehablitiert.

Antwort: Mir ist kein Fall bekannt geworden, in dem Leute, die sich weigerten, an der Ermordung von Zivilisten aktiv teilzunehmen, zum Tod verurteilt worden wären. Man müsste bei Browning nachlesen (Bericht über Polizeibataillon 201), wie in solchen Fällen verfahren wurde.

Donnerstag, 15. März 2007

Obersalzberg Rückmeldung 9

Neues aus dem jugendlichen Besucherkreis: Nachfrage nach einer Schwerpunktführung "Jugend im 3. Reich".

Wir haben eine solche Führung konzipiert und mit großem Rückmeldungs-Erfolg durchgeführt: Zuerst 20 Minuten bildgestützte
(Powerpoint) Einführung in die Themen "Junger Hitler" - "Entstehung und Entwicklung der HJ" - "BDM und NS-Frauenbild".

Dabei wurden seltene Fotodokumente gezeigt, da die eigentliche Ausstellung das Thema "Jugend" nur sporadisch darstellt.

Beim Rundgang sind wir dann ziemlich kursorisch vorgegangen, haben aber bei jugendrelevanten Exponaten vertieft informiert.

Erfreulich: ständiges "Unterrichtsgespräch" mit den 15-16 jährigen Schülern einer "Besonderen 10. Klasse" Realschule.

Dienstag, 13. März 2007

Obersalzberg Rückmeldung 8

Besucher (Bürgermeister v. Satteldorf b. Brettheim - Brief):
"Am 1. Juni konnte der Gemeinderat der Gem. Satteldorf die Doku Obersalzberg besichtigen. Sie haben die Teilnehmer in beeindruckender Weise durch diese Ausstellung geführt... Alle Teilnehmer waren sehr beeindruckt...

Der Geschehnisse am Ende des 2. Weltkrieges im 15km entfernten Brettheim wird von der gesamten Bevölkerung immer noch gedacht. Aus diesem Grund wurde in Brettheim eine Erinnerungsstätte...eingerichtet".

Beigelegt ist eine Broschüre: "Die Männer von Brettheim". Sie schildert die Ermordung Brettheimer Bürger in den letzten Kriegstagen durch Einheiten der Waffen-SS, Wehrmacht (Gebirgsjäger) und durch Hitlerjungen.

Antwort:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, erschüttert haben wir, Karin und ich, die Lektüre "Die Männer..." aus der Hand gelegt...Geradezu deprimierend finden wir die skandalöse juristische "Bewältigung" der Morde. Und da behaupten viele, nun sei es genug mit der Aufarbeitung der Vergangenheit. Nie wird es mit dem Erinnern genug sein, in Brettheim nicht und nicht in Berchtesgaden.

Dass es Hitlerjungen waren, die sich durch Unmenschlichkeit beim Erhängen der Opfer hervorgetan haben, belastet "Reichsjugendführer" Axmann aufs schwerste; auch er wollte sich in einer Autobiographie aus der Verantwortung reden...Und nun noch etwas Erfreuliches:

Demnächst hat sich bei uns beiden eine Besuchergruppe aus der Gegend von Brettheim angemeldet: Handwerkerjugend. Das Interesse dieser Jugend mit "der Gnade der späten Geburt" an ihrer/unserer NS-Vergangenheit lässt hoffen, dass "es" nie wieder geschieht".

Obersalzberg Rückmeldung 1

"Ich bin beeindruckt von dieser Ausstellung. Und trotzdem bin ich stolz, ein Deutscher zu sein."

Antworter: "Das können Sie auch - jetzt, wo Sie sich dieser Vergangenheit gestellt haben; dazu gehört u.a. Mut".
Besucher (der es so nicht gemeint hatte): "Andere Völker, die auch ihre Leichen im Keller haben, sind da viel zurückhaltender".
Antworter: "Die haben keinen Krieg verloren; daher wurden sie auch nicht von Siegern zur Vergangenheitsbewältigung gezwungen".

Obersalzberg Rückmeldung 2

Angesichts eines Dokuments über die mentale Situation der an Erschießungen beteiligten Soldaten (von Juden und Zigeunern in Serbien): Sein Vater sei als Polizist zu einer SS-Polizei-Einheit eingezogen worden, die in Polen und Weißrussland bei Massenerschießungen eingesetzt wurde. Er selbst habe an Exekutionen "Gott sei Dank" nicht aktiv teilnehmen müssen, da sich stets genügend Freiwillige gemeldet hätten.

Diese Zeitzeugenaussage aus zweiter Hand (glaubwürdig) bestätigt zweierlei: a) Befehlsverweigerer wegen Exekutionen wurden nicht kriegsrechtlich verurteilt b) Aus Gründen, die zu untersuchen wären, fanden sich freiwillige Vollstrecker (Goldhagens "willing consecutioners") ohne besondere Skrupel.

Obersalzberg Rückmeldung 3

Obersalzberg Rückmeldung 4

Besucher: Bundeswehrleutnant (Fallschirmjäger) aus den neuen Bundesländern. Frage: "Kann ich den Hitler-Film "Der Untergang" als Unterrichtsinfo im polit. Unterricht vorführen?

Antwort: Im Prinzip ja. Dabei stellt sich die Frage, ob die Darstellung Hitlers als gescheiterte Existenz und damit seine Vermenschlichung der kollektiven Erinnerung nützt oder schadet. Dem Vorbildcharakter als "Führerfigur" für jugendliche Neonazis dient eine solche Entheroisierung wohl kaum - im Gegenteil.

Gleiches dürfte auch für die Darstellung Hitlers als komische Figur gelten. Wenn man von der Beschreibung des Führertyps bzw. Führerprinzips durch Max Weber ausgeht, dann wirken Mitleid und Komik absolut tödlich. Das haben alle Diktaturen gewusst und zu verhindern gesucht.

Obersalzberg Rückmeldung 6

Bundeswehrangehöriger aus den neuen Bundesländern:
Frage angesichts der Bildersequenz über Erschießung von Frauen und Kindern aus einem ukrainischen Ghetto (1942): "Warum wurden diese Menschen gezwungen, sich vor ihrer Erschießung nackt auszuziehen?"

Antwort: verschiedene Motive denkbar: z.B. ein nackter Mensch wurde von den Einsatzgruppen nicht mehr als vollgültiger Mensch, sondern als entwürdigte Kreatur empfunden; dadurch wurde die Tötungshemmung beseitigt - auch eine gezielte Bloßstellung von Frauen ist vorstellbar, die sich sehr geschämt haben.

Obersalzberg Rückmeldung 5

Jüngerer Besucher (Gewerkschafter):
Frage: Wie ist die These von der sozialistischen Bestechungsdiktatur (Aly) mit der Vorstellung zu vereinbaren, der Faschismus sei ein Instrument des Kapitalismus.

Antwort: Die These, der Nationalsozialismus sei als eine Art Faschismus ausschließlich dem Großkapital verpflichtet gewesen,
stellt eine Position der Komintern der 30er Jahre dar. Daher auch deren Bezeichnung für die SPD als "Sozialfaschismus". Hitlers Behauptung vom "schaffenden" im Gegensatz zum "raffenden" Kapital lässt seine Ambivalenz erkennen.

Obersalzberg Rückmeldung 11

Realschülerin, 13 Jahre - keine zeitgeschichtl. Vorbildung:
Frage an den Rundgangsleiter: "Was heißt, bitte, "links" und "rechts"? Bei Erklärung von NS-DA-P (rechts-links, rechts-links)
Antwort: "Frag mich 'was Leichteres - also gut: Links bedeutet, dass man auf Gleichheit aus ist ( Arm und Reich und so. Rechts heißt, dass dies nur für Deutsche gilt ("national-deutsch"), Links heißt, dass die Gleichheit für alle Menschen gilt:
"sozialistisch-Arbeiterparpartei".

Norberto Bobbio ("Destra e Sinistra") wäre natürlich nicht mit dieser Erklärung einverstanden, mit Recht; aber was soll man machen bei solch gescheiten Kinderfragen?







Rückmeldung 10

HS-Lehrerin: Die Verwendung von Frauen an der "Heimatfront" war in Deutschland geringer als z.B. in England. Damit war auch der emanzipatorische Effekt, obwohl vorhanden, deutlich geringer. Das konservative Frauenbild des NS
hat sich trotz der Notwendigkeit eines Kriegseinsatzes nicht überwinden lassen.

Antwortüberlegung: Das Engagement britischer Frauen im Kriegseinsatz war außergewöhnlich hoch und erfasste alle Gesellschaftsklassen (Prinzessin Elisabeth, spätere Königin, war z.B.
als Lastwagenfahrerin tätig). In Deutschland betraf die Kriegsverwendung vor allem Frauen aus der Arbeiter- und unteren Mittelschicht.

Donnerstag, 8. Februar 2007

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